28.05.2024, 18:39 - Wörter:
Einzig die Stille sprach noch Bände
Selbst als du vom andern Ende
Der Welt ganz leise nach mir riefst
Als Rettungsleine
Blieb ich dir fern und doch zutiefst
Der deine
Man sagt, ein Mensch spürt, wann er stirbt.
Zumindest sollte man es meinen, dachte der junge Mann, der in einem Straßencafé auf der Tottenham Court Road saß und verträumt in den wolkenbehangenen Himmel über London blickte. Ein laues Lüftchen wehte um seine Nase, als er die Sonnenbrille, die seine goldenen Augen mit den schwarzen Sprenkeln verdeckte, absetzte. Die langen Beine hatte er überschlagen und nahm dabei erstaunlich viel Platz in dem außenliegenden Sitzbereich ein, während er sachte nach links und rechts sah.
Ja, Menschen sollten spüren, das sie sterben, dachte der Mann und nickte sich selbst zu. Zumindest wenn sie eine Bestellung zu spät lieferten, wenn er sich gerade dazu entschlossen hatte, etwas Neues zu probieren.
"Hier, bitte sehr. Ihr Kaffee. Kolumbianisch, richtig?"
Die Stimme einer jungen Frau riss ihn aus zuckersüßen Vorstellungen von Mord und Totschlag. Der Mann blickte hoch. Die Kellnerin entpuppte sich als recht junge Frau mit herrlichem, krausen Haar. Die Haut glich der Farbe zerfließender Schokolade und die nussbraunen Augen wirkten wie ein Malstrom. Man konnte sich gar nicht satt sehen an diesem wunderbaren, faltenlosen, unschuldigen Gesicht.
"Richtig", bemerkte der Mann und sah mit Entzücken, dass die junge Frau regelrecht zusammen zuckte.
Seinem drahtig schlanken Körper traute man eine derart tiefe Bassstimme nicht zu. Und jedes Mal nahm er es belustigt auf, wenn sich ein Mensch regelrecht davor erschreckte.
"Okay, gut...", murmelte die Kellnerin. "Wollen Sie sonst noch etwas? Ich meine..."
"Nein, vielen Dank."
"Okay, okay...Äh...Ja..."
Die Unsicherheit in ihrer Stimme war ein Genuss, befand er und lächelte freundlich, als sie sich zum Gehen wandte. Innerlich zählte er die Sekunden herunter, da er die Frage in ihren Augen bereits hatte erkennen können.
"Sorry, ähm...Eine Frage", sagte sie und drehte sich nochmals um.
"Ja?"
"Ihre Augen...Also...Sind das Kontaktlinsen? Die sind...irgendwie so golden..."
Süß. Kontaktlinsen. Die Sieben Teufel wussten, was das für ein Hexenwerk war.
"Nein, Miss", sagte der Mann und lächelte unverbesserlich. "Eine Laune der Natur, fürchte ich."
"Eine verdammt hübsche Laune, wenn Sie mich fragen. Okay, lassen Sie es sich schmecken!"
Er nickte ihr hinterher und nahm die Tasse mit seinen schlanken Fingern auf. Für Menschen mochte es aussehen, als trank er bedächtig an einem wunderbaren und verdammt teuren Kaffee. Das Geheimnis dahinter war jedoch, dass er Kaffee das erste Mal probierte und sich dem Ganzen näherte wie ein Raubtier einem stinkenden Kadaver. Sachte schnupperte er an dem Heißgetränk und sog den merkwürdigen Geruch ein. Erst danach nahm er einen Schluck des Getränks und bewegte es nach anfänglichem Schmerz wie Spülwasser in seinem Mund.
Uruks Arsch, war das widerlich.
Angeekelt verzog er das Gesicht zu einer grausigen Grimasse, sodass ein Kind in einem Kinderwagen zu weinen begann, ehe er den Kaffee in die Tasse zurück spuckte. Kolumbianisch war raus. Bei den Weltenbränden, was fanden die Menschen an diesem widerlichen Zeugs? Es schmeckte wie ein alter Hintern nach einem Waldbrand!
Empört setzte der Mann die Tasse lautstark auf den Unterteller und wurde erneut in seiner Ruhe gestört. Diesmal von seinem Mobiltelefon, seinem Handy (grässlicher Begriff), das rhythmisch zu summen begann. Genervt seufzend zog er den Apparat aus seiner Lederjacke hervor und blickte skeptisch auf den blinkenden Bildschirm.
Dort standen nur diverse Codes, die keinen Sinn ergaben.
Regelrecht angewidert drückte er auf den grünen Button, der sich ihm prominent entgegen reckte und legte das Gerät an sein Ohr.
"Ja, bitte?"
"Anoki, du Torfnase! Ich telefoniere mit deinem Ohr!", krächzte eine Stimme kratzig im Apparat. Der Empfang war wirklich grässlich. Beinahe war dem Mann mit den langen Haaren, dass man im ugandischen Dschungel besseren Empfang hatte.
"Man telefoniert mit dem Ohr, du Blecheimer", kommentierte der Mann namens Anoki und lächelte süffisant.
"Aber nicht per Bildtelefonie! Jetzt nimm schon das Handy von deinem Kopf, ich will nicht deinen Ohrenschmalz sehen!"
Warum tötete er diese verfluchte Eule nicht?!
Genervt richtete er das Telefon vor seinem Gesicht aus und blickte in das klackernde Gesicht einer mechanischen Eule. Ihre Augen leuchteten in einem wunderbaren Grün und erschienen viel zu groß für den kleinen Kopf, der zwischen normalen Federn ein paar Metallplatten und Scharniere aufwies, die in unregelmäßigen Abständen Dampf ausstießen. Das rechte Auge rollte herum und schien wild nach etwas zu suchen, während die Welt noch an der Eule vorbei zog.
"Telefonierst du wieder im Flug?", fragte Anoki und versuchte den Hintergrund zu erkennen.
"Das geht dich einen Scheißdre-, also nein, natürlich nicht. Hast du jetzt auch Zeit für das Wichtige, oder willst du dich weiter über das Wetter unterhalten?!"
"Berichte."
"Ich, Unfug, Erster Kommandant seiner Hoheit Anoki, dem Ewigdunkeln, berichte hernach folgsam:"
"Kommandant?"
"Still jetzt, sonst dauert das ganze noch Stunden!", keifte der Blecheimer und klackerte lautstark. "Befinde mich in der Innenstadt, Nähe Big Ben. Zielperson Audrey Lavask befindet sich in einer Shoppingmeile und genießt ihren Nachmittag."
"Hat sie dich bemerkt?"
"Natürlich nicht!", empörte sich Unfug, der selbsternannte Kommandant. "Ich war unsichtbar. Wie ein Ninja."
"Nin-was?"
"Ninja. Du solltest wirklich öfter dieses Ding benutzen. Dieses Elektroteil..."
"Du meinst einen Fernseher."
"Ja!", nickte die Eule. "Da laufen wunderbare Historiendramen. Neulich ein Drama über Hanzo Hattori und die wunderbare Prinzess-"
"Unfug!", donnerte Anoki und verdrehte die Augen.
"Ja?"
"Nein, wortwörtlich! Bleib weiter an ihr dran und berichte in drei Stunden wieder, wenn sich nichts tut."
"Willst du nicht selbst einmal nach ihr sehen? Also wegen des Beschützens oder so?"
Anoki überlegte eine Sekunde lang und sah zu dem Kaffee, der dampfend vor ihm stand.
"Nein, ich denke nicht. Sie hat es bis jetzt alleine geschafft, weshalb sollte ich mich einmischen?! Ich soll sie schützen, nicht ihr Freund werden."
"Die Himmel bewahren, wenn du einmal freundlich wärst."
"Schweig, Blecheimer und erledige deine Aufgabe!", sagte Anoki und legte auf, indem er das Handy in den Kaffee tauchte.
Warum erklärte ihm auch keiner dieses Ding?!
Selbst als du vom andern Ende
Der Welt ganz leise nach mir riefst
Als Rettungsleine
Blieb ich dir fern und doch zutiefst
Der deine
Man sagt, ein Mensch spürt, wann er stirbt.
Zumindest sollte man es meinen, dachte der junge Mann, der in einem Straßencafé auf der Tottenham Court Road saß und verträumt in den wolkenbehangenen Himmel über London blickte. Ein laues Lüftchen wehte um seine Nase, als er die Sonnenbrille, die seine goldenen Augen mit den schwarzen Sprenkeln verdeckte, absetzte. Die langen Beine hatte er überschlagen und nahm dabei erstaunlich viel Platz in dem außenliegenden Sitzbereich ein, während er sachte nach links und rechts sah.
Ja, Menschen sollten spüren, das sie sterben, dachte der Mann und nickte sich selbst zu. Zumindest wenn sie eine Bestellung zu spät lieferten, wenn er sich gerade dazu entschlossen hatte, etwas Neues zu probieren.
"Hier, bitte sehr. Ihr Kaffee. Kolumbianisch, richtig?"
Die Stimme einer jungen Frau riss ihn aus zuckersüßen Vorstellungen von Mord und Totschlag. Der Mann blickte hoch. Die Kellnerin entpuppte sich als recht junge Frau mit herrlichem, krausen Haar. Die Haut glich der Farbe zerfließender Schokolade und die nussbraunen Augen wirkten wie ein Malstrom. Man konnte sich gar nicht satt sehen an diesem wunderbaren, faltenlosen, unschuldigen Gesicht.
"Richtig", bemerkte der Mann und sah mit Entzücken, dass die junge Frau regelrecht zusammen zuckte.
Seinem drahtig schlanken Körper traute man eine derart tiefe Bassstimme nicht zu. Und jedes Mal nahm er es belustigt auf, wenn sich ein Mensch regelrecht davor erschreckte.
"Okay, gut...", murmelte die Kellnerin. "Wollen Sie sonst noch etwas? Ich meine..."
"Nein, vielen Dank."
"Okay, okay...Äh...Ja..."
Die Unsicherheit in ihrer Stimme war ein Genuss, befand er und lächelte freundlich, als sie sich zum Gehen wandte. Innerlich zählte er die Sekunden herunter, da er die Frage in ihren Augen bereits hatte erkennen können.
"Sorry, ähm...Eine Frage", sagte sie und drehte sich nochmals um.
"Ja?"
"Ihre Augen...Also...Sind das Kontaktlinsen? Die sind...irgendwie so golden..."
Süß. Kontaktlinsen. Die Sieben Teufel wussten, was das für ein Hexenwerk war.
"Nein, Miss", sagte der Mann und lächelte unverbesserlich. "Eine Laune der Natur, fürchte ich."
"Eine verdammt hübsche Laune, wenn Sie mich fragen. Okay, lassen Sie es sich schmecken!"
Er nickte ihr hinterher und nahm die Tasse mit seinen schlanken Fingern auf. Für Menschen mochte es aussehen, als trank er bedächtig an einem wunderbaren und verdammt teuren Kaffee. Das Geheimnis dahinter war jedoch, dass er Kaffee das erste Mal probierte und sich dem Ganzen näherte wie ein Raubtier einem stinkenden Kadaver. Sachte schnupperte er an dem Heißgetränk und sog den merkwürdigen Geruch ein. Erst danach nahm er einen Schluck des Getränks und bewegte es nach anfänglichem Schmerz wie Spülwasser in seinem Mund.
Uruks Arsch, war das widerlich.
Angeekelt verzog er das Gesicht zu einer grausigen Grimasse, sodass ein Kind in einem Kinderwagen zu weinen begann, ehe er den Kaffee in die Tasse zurück spuckte. Kolumbianisch war raus. Bei den Weltenbränden, was fanden die Menschen an diesem widerlichen Zeugs? Es schmeckte wie ein alter Hintern nach einem Waldbrand!
Empört setzte der Mann die Tasse lautstark auf den Unterteller und wurde erneut in seiner Ruhe gestört. Diesmal von seinem Mobiltelefon, seinem Handy (grässlicher Begriff), das rhythmisch zu summen begann. Genervt seufzend zog er den Apparat aus seiner Lederjacke hervor und blickte skeptisch auf den blinkenden Bildschirm.
Dort standen nur diverse Codes, die keinen Sinn ergaben.
Regelrecht angewidert drückte er auf den grünen Button, der sich ihm prominent entgegen reckte und legte das Gerät an sein Ohr.
"Ja, bitte?"
"Anoki, du Torfnase! Ich telefoniere mit deinem Ohr!", krächzte eine Stimme kratzig im Apparat. Der Empfang war wirklich grässlich. Beinahe war dem Mann mit den langen Haaren, dass man im ugandischen Dschungel besseren Empfang hatte.
"Man telefoniert mit dem Ohr, du Blecheimer", kommentierte der Mann namens Anoki und lächelte süffisant.
"Aber nicht per Bildtelefonie! Jetzt nimm schon das Handy von deinem Kopf, ich will nicht deinen Ohrenschmalz sehen!"
Warum tötete er diese verfluchte Eule nicht?!
Genervt richtete er das Telefon vor seinem Gesicht aus und blickte in das klackernde Gesicht einer mechanischen Eule. Ihre Augen leuchteten in einem wunderbaren Grün und erschienen viel zu groß für den kleinen Kopf, der zwischen normalen Federn ein paar Metallplatten und Scharniere aufwies, die in unregelmäßigen Abständen Dampf ausstießen. Das rechte Auge rollte herum und schien wild nach etwas zu suchen, während die Welt noch an der Eule vorbei zog.
"Telefonierst du wieder im Flug?", fragte Anoki und versuchte den Hintergrund zu erkennen.
"Das geht dich einen Scheißdre-, also nein, natürlich nicht. Hast du jetzt auch Zeit für das Wichtige, oder willst du dich weiter über das Wetter unterhalten?!"
"Berichte."
"Ich, Unfug, Erster Kommandant seiner Hoheit Anoki, dem Ewigdunkeln, berichte hernach folgsam:"
"Kommandant?"
"Still jetzt, sonst dauert das ganze noch Stunden!", keifte der Blecheimer und klackerte lautstark. "Befinde mich in der Innenstadt, Nähe Big Ben. Zielperson Audrey Lavask befindet sich in einer Shoppingmeile und genießt ihren Nachmittag."
"Hat sie dich bemerkt?"
"Natürlich nicht!", empörte sich Unfug, der selbsternannte Kommandant. "Ich war unsichtbar. Wie ein Ninja."
"Nin-was?"
"Ninja. Du solltest wirklich öfter dieses Ding benutzen. Dieses Elektroteil..."
"Du meinst einen Fernseher."
"Ja!", nickte die Eule. "Da laufen wunderbare Historiendramen. Neulich ein Drama über Hanzo Hattori und die wunderbare Prinzess-"
"Unfug!", donnerte Anoki und verdrehte die Augen.
"Ja?"
"Nein, wortwörtlich! Bleib weiter an ihr dran und berichte in drei Stunden wieder, wenn sich nichts tut."
"Willst du nicht selbst einmal nach ihr sehen? Also wegen des Beschützens oder so?"
Anoki überlegte eine Sekunde lang und sah zu dem Kaffee, der dampfend vor ihm stand.
"Nein, ich denke nicht. Sie hat es bis jetzt alleine geschafft, weshalb sollte ich mich einmischen?! Ich soll sie schützen, nicht ihr Freund werden."
"Die Himmel bewahren, wenn du einmal freundlich wärst."
"Schweig, Blecheimer und erledige deine Aufgabe!", sagte Anoki und legte auf, indem er das Handy in den Kaffee tauchte.
Warum erklärte ihm auch keiner dieses Ding?!