The Storyteller

Es ist ein Freitagnachmittag. Chris lebt nun schon seit gut sechs Wochen in einem Jugendheim, nachdem er völlig unerwartet aus seinem Umfeld geholt wurde. Seine Schule hatte das Jugendamt informiert, da er bereits seit mehreren Monaten nicht mehr zur Schule gekommen war und seine Eltern weder auf Anrufe, noch auf Briefe reagiert hatten. Ihnen war es schlichtweg egal, ob er zur Schule ging oder nicht. Somit hatten sie sich auch nie um irgendwelche Dinge gekümmert, die damit zu tun hatten. Gäbe es keine Schulpflicht, wäre er sicherlich nicht mal auf einer Schule angemeldet worden. Da die Schule dazu verpflichtet war, das Jugendamt über das Fehlen zu informieren, schlug dieses vor rund sechs Wochen bei den Sterlings auf, wo sie die Wohnung in einem stark verwahrlosten Zustand vorfanden und feststellen mussten, dass dieses Umfeld nicht gut für einen heranwachsenden sein konnte. Dass all das zuvor 16 Jahre lang niemandem aufgefallen war und es nun, wo Chris bereits fast volljährig war, eigentlich keine Rolle mehr spielte, schien allen Beteiligten egal zu sein. Auf jeden Fall hatten sie ihn am selben Tag noch mitgenommen und in das Jugendheim gesteckt, in welchem Chris seit sechs Wochen versauert. Wirklich wohl fühlt er sich dort nicht. Wie auch? Er darf nicht raus, nicht rauchen, nichts. Da er kein Handy besitzt, kann er auch keinen Kontakt zu seinen Freunden halten, welche er nicht sehen kann. Zwar ist er sich sicher, dass sie sich fragen, wo er ist und auch nach ihm suchen, doch wie sollten sie darauf kommen, dass er im Heim steckt? Wahrscheinlich haben sie es inzwischen herausgefunden, indem sie die Eltern des 16 jährigen gefragt haben. Dadurch wissen sie jedoch noch lange nicht, wo genau Chris steckt. Es gibt schließlich nicht nur ein Heim in der Stadt und er könnte durchaus auch in eines gesteckt worden sein, welches in einer Nachbarstadt liegt. Zu dem Glück des 16 jährigen ist dem nicht so, doch könnte es möglich sein. Selbst wenn sie das Heim ausfindig machen konnten, würden sie Chris dort jedoch nicht mehr antreffen. Dieser schmeißt nämlich gerade seine Sporttasche, in welcher sein gesamtes Hab und Gut steckt, in den Kofferraum eines Autos. Dieses gehört der Sozialarbeiterin vom Jugendamt, welche ihn zu seiner neuen Pflegefamilie fahren wird. Weshalb sich eine Familie dafür entschieden hat, ausgerechnet ihn aufzunehmen, ist dem 16 jährigen ein Rätsel. Ihnen muss schließlich bewusst sein, dass Chris kein lieber Junge ist, der macht, was man ihm sagt. Den Heim Mitarbeitern hat er das Leben die letzten Wochen auch schwer gemacht und er ist sich sicher, dass man der Pflegefamilie mitteilen muss, auf was sie sich einlässt. Im Grunde ist es ihm jedoch egal. Solange er aus dem Heim raus kommt, ist er mit allem zufrieden. Zwar hat er dort regelmäßig etwas zu essen, eine warme Dusche und auch Taschengeld bekommen, doch vermisst er seine Freunde und seine Freiheit, weshalb er keinen Bock mehr auf den Laden hat und hofft, dass er seine Ruhe haben würde, sobald er in dieser Pflegefamilie ankommt. (Ein Auszug aus einer Geschichte, die ich geschrieben habe)