Vor 8 Stunden - Wörter:
Szenenplanung:
https://the-storyteller.eu/thread-1271.html
Steckbriefe:
Hunter
https://the-storyteller.eu/showthread.php?tid=1267
Laura
https://the-storyteller.eu/showthread.php?tid=1270
New York, 19:45 Uhr.
Die Kanalisation unter Manhattan.
Zeit verlor hier unten jede Bedeutung. Wie auch, ohne Uhren, Internet oder den Lauf der Sonne? Einzig künstliches Licht erhellte die Umgebung in der modernen Abwasseranlage, immer dasselbe. Ein kalter grauer Schein, der Gesichter kränklich wirken ließ. Jahreszeiten, Tag, Nacht, das Treiben an der Oberfläche, all dies war hier unten ohne Belang. Einzig das Rauschen fernen Wassers durchbrach die Stille und verschafften eine Ahnung der mächtigen Ströme, die unbemerkt von den Menschen dahinflossen und doch das Leben der Stadtbewohner ermöglichten.
Doch obwohl diese Kanäle, die Metallrohre, die unterirdischen Abflussanlagen, Klärgruben und Tunnel von diesen Menschen erbaut worden waren, so entzogen sie sich seitdem deren Herrschaft. Kanalarbeiter, die hier herunterkamen, hatten nur die Vorstellung, sich hier auszukennen. Zu wissen, worauf sie sich einließen. Wenn sie abends hier rausgingen und nach Hause zu ihren Familien kamen, hatten sie diesen Tunnel, der auf keiner Karte auftauchte, meist schon wieder vergessen. Ein Fehler bei der Vermessung, oder so.
Wenn sie denn je nach Hause kamen.
Weit unter dem Wasserwerk, unter dem Hudson, da war das Rauschen noch weit weg zu hören. Langsam und stetig, leiser als oben. So leise, dass auch Wassertropfen, die von der Decke in die Pfützen auf dem Boden fielen, noch in den Ohren klangen. Drip. Drip. Drip.
Und dann ein rhythmisches Patschen. Schritte, die sich über den feuchten Boden bewegten. Langsam, ganz gemächlich. Und dann tauchte ein Licht in der Dunkelheit auf, eine schwebende und leuchtende Kugel, dank der sich auf den grob gehauenen Wänden scharfe Schatten abzeichneten.
Der Eigentümer des Lichts ignorierte die archaischen Zeichen an den Wänden und das Totenkopf-Mahnmal am Tunneleingang, das man unter New York nicht vermutet hätte. Nicht eben geschmackvoll. Zumal der ehemalige Eigentümer des Totenkopfs sicher lieber nicht hier gehangen hätte. Sei's drum, dachte der Wanderer, stieg ein paar Treppen hinab und ... fand sich dem gegenüber, was er gesucht hatte.
Allerdings hatte er nicht vermutet, dass der Anblick derart imposant sein würde. Langsam betrat er die Kaverne. Fast natürlich wollte sie anmuten. Weit unter ihm floss das Kanalwasser dahin und eine steinerne Brücke führte zu weiteren Treppen. Treppen, die weit älter waren als die Kanäle New Yorks. Er war vorsichtig, denn die Brücke hatte kein Geländer, wirkte wie aus massivem Stein gehauen. Trotz des Alters war sie stabil und hielt sein Gewicht problemlos. Und so erklomm er die Stufen des Monuments auf der anderen Seite. Eine Art Altar schien ihn dort oben zu erwarten, unter den wachsamen Augen eines uralten Häuptlings, dessen beeindruckender Federschmuck aus Stein anmutete wie die Spuren von Jahrtausenden.
Ein anerkennendes Pfeifen verließ die Lippen von Hunter Vellwick, der am Altar und dem daraufliegenden Skelett vorbei auf die Wand des Monuments zuschritt. Und darin, inmitten einer eingemeißelten Art Sonnenuhr, steckte er. Der Edelstein. Groß und lavendelfarben war er, geradezu hypnotisch schön.
"Na, Bingo", lobte sich der Eindringling selbst und legte Hand an den Edelstein. Vermutlich eine Falle, aber das war es ja immer. Noch bevor er allerdings dazu kam, das Ding einzustecken, lenkte ihn ein Geräusch ab. Es war wie ein Gurgeln und Spotzen oder eine Art Räuspern. Ein Blick über die Schulter sagte ihm auch gleich, von wo es kam.
Goblins.
Tja, das sollte ihn wohl weniger wundern, dachte er mit einem Seufzen, wenn er schon in Goblin-Gebiet herumstapfte. Klein waren sie, gerade einmal hüfthoch. Es waren grüne, schmale, hässliche Kreaturen in Lendenschurz und bewaffnet mit primitiven Speeren aus Schrott und Eisenstangen. Zeug eben, das vor Ewigkeiten mal hier zurückgelassen worden war. Ziemlich unsinnig, fand Hunter. Ihre langen spitzen Nasen waren selbst waffenfähig, dass sie keine Speere brauchten. Der Knochenschmuck um ihre Hälse war eindeutig menschlichen Ursprungs, was wohl die geringer werdende Zahl der New Yorker Kanalarbeiter erklärte. Neugierig, doch durchaus verärgert, starrten sie ihn an.
"Ich weiß genau, was ihr denkt." Hunters Stimme durchschnitt die gespannte Stille. "Ihr denkt 'Wie zur Hölle kommt ein aztekischer Tempel aus dem frühen 14. Jahrhundert hierher in die Kanalisation mitten unter New York. Tja. Die Antwort darauf könnte euch überraschen."
Die drei Geschöpfe tauschten verwirrte Blicke. Ganz als dachten sie nach. Als ob diese Erklärung ihre ganze Welt auf den Kopf stellen konnte. Ihren Glauben. Den Sinn der Existenz selbst. Sicher machte es Sinn, den Fremden anzuhören, zu verhandeln. Seine Perspektive zu erweitern.
"MENSCH TÖTEN!"
"MENSCH TÖTEN!"
"TÖTEN MENSCH!"
Mit einem verlegenen Zischen klatschte Hunter die Hände zusammen. Natürlich, dachte er resigniert, reden funktioniert ja leider nie. Abrupt fuhr er herum und legte beide Hände auf die in die Wand gemeißelte Uhr.
"Richtig, Falle." Hinter ihm rauschten die Goblins an, Speere erhoben, laut, auf Blut aus. Allein waren sie fast süß. In der Gruppe? Ganz fiese kleine Pisser. Hunter drückte langsam auf die Anzeige der steinernen Wanduhr, bis sie sich löste und in Bewegung setzte. Ein paar Zentimeter nach links, woraufhin ein unheilverkündendes Glucken die Kaverne erfüllte. Die Goblins wirkten für einen Moment höchst irritiert. Was wohl daran liegen mochte, dass einer von ihnen gerade durch einen herausgelösten Stein durch die Brücke hindurch fiel und schreiend in den Fluten unter ihnen versank.
"Oh, ja richtig. Sorry, mein Fehler", murmelte Hunter und drehte die Uhr nun unverzagt in die andere Richtung. Von irgendwo kam ein Pfeilhagel, der den zweiten Goblin mit mehreren widerlichen 'WUMPH's seitlich traf und von der Brücke katapultierte. "Nein, falsch. Der war's nicht."
Weiter mit sich selbst redend, beobachtete Hunter nun den dritten Goblin, der nervös den Verlust seiner Kameraden betrachtete. Auf der anderen Brückenseite hatte sich bereits der Rest des Stammes versammelt, der jetzt wütend aufschrie, nach Rache lechzend.
Hunter riss jetzt den Edelstein aus der Verankerung. Und das Chaos entfaltete sich nun erst richtig schön.
Der Häuptling nämlich, der große Aztekenkopf mit dem hübschen Federschmuck, machte sich jetzt auf die Reise. Tatsächlich krachte er geräuschvoll aus welcher Verankerung auch immer auf den Zeremonieplatz, von dem Hunter sich gerade mit einem Hechtsprung in Sicherheit gebracht hatte, rollte die Steinstufen hinunter, genau auf den dritten Goblin zu. Und von da an wurde es dann erst richtig lustig, denn das schreiende Ungetüm rannte jetzt Indiana-Jones-Style vor dem Kopf die Brücke hinunter, die jedoch leider auch dessen Gewicht aushielt. Und Hunter? Der fragte sich jetzt, wie er hier rauskam, sobald der Steinkopf den Eingang verstopft hatte...
Als er schließlich auftauchte, in irgendeinem U-Bahntunnel, und von dort aus den Bahnsteig in der fast menschenleeren Haltestelle Central Park West erklomm, da stank er nach Kanalwasser, war nass und fror. Übel gelaunt trotz des Erfolgs tastete er nach dem Edelstein, der die Vorderseite seines Trenchcoats wölbte wie die Keksdose, die Mario Junior unter seinem Pulli vor der Mutter verbarg.
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Laura
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Die Kanalisation unter Manhattan.
Zeit verlor hier unten jede Bedeutung. Wie auch, ohne Uhren, Internet oder den Lauf der Sonne? Einzig künstliches Licht erhellte die Umgebung in der modernen Abwasseranlage, immer dasselbe. Ein kalter grauer Schein, der Gesichter kränklich wirken ließ. Jahreszeiten, Tag, Nacht, das Treiben an der Oberfläche, all dies war hier unten ohne Belang. Einzig das Rauschen fernen Wassers durchbrach die Stille und verschafften eine Ahnung der mächtigen Ströme, die unbemerkt von den Menschen dahinflossen und doch das Leben der Stadtbewohner ermöglichten.
Doch obwohl diese Kanäle, die Metallrohre, die unterirdischen Abflussanlagen, Klärgruben und Tunnel von diesen Menschen erbaut worden waren, so entzogen sie sich seitdem deren Herrschaft. Kanalarbeiter, die hier herunterkamen, hatten nur die Vorstellung, sich hier auszukennen. Zu wissen, worauf sie sich einließen. Wenn sie abends hier rausgingen und nach Hause zu ihren Familien kamen, hatten sie diesen Tunnel, der auf keiner Karte auftauchte, meist schon wieder vergessen. Ein Fehler bei der Vermessung, oder so.
Wenn sie denn je nach Hause kamen.
Weit unter dem Wasserwerk, unter dem Hudson, da war das Rauschen noch weit weg zu hören. Langsam und stetig, leiser als oben. So leise, dass auch Wassertropfen, die von der Decke in die Pfützen auf dem Boden fielen, noch in den Ohren klangen. Drip. Drip. Drip.
Und dann ein rhythmisches Patschen. Schritte, die sich über den feuchten Boden bewegten. Langsam, ganz gemächlich. Und dann tauchte ein Licht in der Dunkelheit auf, eine schwebende und leuchtende Kugel, dank der sich auf den grob gehauenen Wänden scharfe Schatten abzeichneten.
Der Eigentümer des Lichts ignorierte die archaischen Zeichen an den Wänden und das Totenkopf-Mahnmal am Tunneleingang, das man unter New York nicht vermutet hätte. Nicht eben geschmackvoll. Zumal der ehemalige Eigentümer des Totenkopfs sicher lieber nicht hier gehangen hätte. Sei's drum, dachte der Wanderer, stieg ein paar Treppen hinab und ... fand sich dem gegenüber, was er gesucht hatte.
Allerdings hatte er nicht vermutet, dass der Anblick derart imposant sein würde. Langsam betrat er die Kaverne. Fast natürlich wollte sie anmuten. Weit unter ihm floss das Kanalwasser dahin und eine steinerne Brücke führte zu weiteren Treppen. Treppen, die weit älter waren als die Kanäle New Yorks. Er war vorsichtig, denn die Brücke hatte kein Geländer, wirkte wie aus massivem Stein gehauen. Trotz des Alters war sie stabil und hielt sein Gewicht problemlos. Und so erklomm er die Stufen des Monuments auf der anderen Seite. Eine Art Altar schien ihn dort oben zu erwarten, unter den wachsamen Augen eines uralten Häuptlings, dessen beeindruckender Federschmuck aus Stein anmutete wie die Spuren von Jahrtausenden.
Ein anerkennendes Pfeifen verließ die Lippen von Hunter Vellwick, der am Altar und dem daraufliegenden Skelett vorbei auf die Wand des Monuments zuschritt. Und darin, inmitten einer eingemeißelten Art Sonnenuhr, steckte er. Der Edelstein. Groß und lavendelfarben war er, geradezu hypnotisch schön.
"Na, Bingo", lobte sich der Eindringling selbst und legte Hand an den Edelstein. Vermutlich eine Falle, aber das war es ja immer. Noch bevor er allerdings dazu kam, das Ding einzustecken, lenkte ihn ein Geräusch ab. Es war wie ein Gurgeln und Spotzen oder eine Art Räuspern. Ein Blick über die Schulter sagte ihm auch gleich, von wo es kam.
Goblins.
Tja, das sollte ihn wohl weniger wundern, dachte er mit einem Seufzen, wenn er schon in Goblin-Gebiet herumstapfte. Klein waren sie, gerade einmal hüfthoch. Es waren grüne, schmale, hässliche Kreaturen in Lendenschurz und bewaffnet mit primitiven Speeren aus Schrott und Eisenstangen. Zeug eben, das vor Ewigkeiten mal hier zurückgelassen worden war. Ziemlich unsinnig, fand Hunter. Ihre langen spitzen Nasen waren selbst waffenfähig, dass sie keine Speere brauchten. Der Knochenschmuck um ihre Hälse war eindeutig menschlichen Ursprungs, was wohl die geringer werdende Zahl der New Yorker Kanalarbeiter erklärte. Neugierig, doch durchaus verärgert, starrten sie ihn an.
"Ich weiß genau, was ihr denkt." Hunters Stimme durchschnitt die gespannte Stille. "Ihr denkt 'Wie zur Hölle kommt ein aztekischer Tempel aus dem frühen 14. Jahrhundert hierher in die Kanalisation mitten unter New York. Tja. Die Antwort darauf könnte euch überraschen."
Die drei Geschöpfe tauschten verwirrte Blicke. Ganz als dachten sie nach. Als ob diese Erklärung ihre ganze Welt auf den Kopf stellen konnte. Ihren Glauben. Den Sinn der Existenz selbst. Sicher machte es Sinn, den Fremden anzuhören, zu verhandeln. Seine Perspektive zu erweitern.
"MENSCH TÖTEN!"
"MENSCH TÖTEN!"
"TÖTEN MENSCH!"
Mit einem verlegenen Zischen klatschte Hunter die Hände zusammen. Natürlich, dachte er resigniert, reden funktioniert ja leider nie. Abrupt fuhr er herum und legte beide Hände auf die in die Wand gemeißelte Uhr.
"Richtig, Falle." Hinter ihm rauschten die Goblins an, Speere erhoben, laut, auf Blut aus. Allein waren sie fast süß. In der Gruppe? Ganz fiese kleine Pisser. Hunter drückte langsam auf die Anzeige der steinernen Wanduhr, bis sie sich löste und in Bewegung setzte. Ein paar Zentimeter nach links, woraufhin ein unheilverkündendes Glucken die Kaverne erfüllte. Die Goblins wirkten für einen Moment höchst irritiert. Was wohl daran liegen mochte, dass einer von ihnen gerade durch einen herausgelösten Stein durch die Brücke hindurch fiel und schreiend in den Fluten unter ihnen versank.
"Oh, ja richtig. Sorry, mein Fehler", murmelte Hunter und drehte die Uhr nun unverzagt in die andere Richtung. Von irgendwo kam ein Pfeilhagel, der den zweiten Goblin mit mehreren widerlichen 'WUMPH's seitlich traf und von der Brücke katapultierte. "Nein, falsch. Der war's nicht."
Weiter mit sich selbst redend, beobachtete Hunter nun den dritten Goblin, der nervös den Verlust seiner Kameraden betrachtete. Auf der anderen Brückenseite hatte sich bereits der Rest des Stammes versammelt, der jetzt wütend aufschrie, nach Rache lechzend.
Hunter riss jetzt den Edelstein aus der Verankerung. Und das Chaos entfaltete sich nun erst richtig schön.
Der Häuptling nämlich, der große Aztekenkopf mit dem hübschen Federschmuck, machte sich jetzt auf die Reise. Tatsächlich krachte er geräuschvoll aus welcher Verankerung auch immer auf den Zeremonieplatz, von dem Hunter sich gerade mit einem Hechtsprung in Sicherheit gebracht hatte, rollte die Steinstufen hinunter, genau auf den dritten Goblin zu. Und von da an wurde es dann erst richtig lustig, denn das schreiende Ungetüm rannte jetzt Indiana-Jones-Style vor dem Kopf die Brücke hinunter, die jedoch leider auch dessen Gewicht aushielt. Und Hunter? Der fragte sich jetzt, wie er hier rauskam, sobald der Steinkopf den Eingang verstopft hatte...
Als er schließlich auftauchte, in irgendeinem U-Bahntunnel, und von dort aus den Bahnsteig in der fast menschenleeren Haltestelle Central Park West erklomm, da stank er nach Kanalwasser, war nass und fror. Übel gelaunt trotz des Erfolgs tastete er nach dem Edelstein, der die Vorderseite seines Trenchcoats wölbte wie die Keksdose, die Mario Junior unter seinem Pulli vor der Mutter verbarg.
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