01.04.2024, 21:33 - Wörter:
Ganz davon überzeugt, dass er hier das richtige tat, war Gregory nicht und dennoch war er es leid, nichts zu tun. Seine Operation lag nun schon vier Wochen zurück und auch wenn er immer noch von schmerzen heimgesucht wurde, grenzte es für ihn mehr an Folter, seiner Arbeit vorerst nicht mehr nachkommen zu dürfen. Man hatte ihn hier in Easenna ins Hospital der Kaserne gebracht und Dr. Mallard hatte ein scharfes Auge auf ihn. Er war ihr einerseits unendlich dankbar ihm nach der Schussverletzung das Leben gerettet zu haben, andererseits empfand er ihre derzeitige Fürsorge als reichlich übertrieben - auch wenn sie nur schlicht darin bestand, dem Major ein strenges beschäftigungsverbot an der Front auszusprechen.
“Und du bist sicher, dass du das willst?”, hörte Gregory seine Mutter am andere Ende der Telefonleitung recht blechern sagen, ehe die Leitung knackte. “Warum kommst du nicht nach Hause?”
Seine dunklen Augenbrauen schoben sich zusammen, während sich jeder Muskel in seinem Körper anspannte.
“Wie geht es Archie?”, fragte er stattdessen, um das Thema zu wechseln.
“Wie soll es ihm schon gehen? Er vermisst seinen Vater!”
Gregory stieß scharf die Luft aus, was in einem brummenden Geräusch endete, woraufhin er sofort einen argwöhnischen Blick seines Kollegen erntete. Er lehnte sich in seinem Schreibtischstuhl zurück und schob ohne darüber nachzudenken, in abwehrender Haltung seine linke Hand unter seinen rechten Arm.
“Gib ihn mir.” Er konnte seiner Mutter ja nur schwer gestehen, dass der Bursche besser ohne ihn dran war. Sein Blick wanderte zu seiner linken Hand, an welchem er immer noch den Ehering trug - und das, obwohl die Mutter dieses Jungen seit nun 2 Jahren tot war. Lydia seufzte nun ihrerseits, jedoch weitaus theatralischer.
“Ein Telefonat ersetzt kein Gespräch von angesicht zu angesicht mein Sohn. Wenn du Archie sehen willst, komm morgen zum Essen!”
“Morgen kann ich nicht. Und heute auch nicht.” Erinnerte er sie an seinen ersten Arbeitstag beim Herzog von Easenna. Erneut knackte die Leitung, ein kurzes Rauschen folgte. Nervös lehnte sich der breitschultrige Major nach vorne und tippte auf die Messingvorrichtung, um die Verbindung beizubehalten, doch das Knistern blieb bestehen. "Verdammt", fluchte er leise und ließ den Hörer zurück auf die Gabel fallen, nachdem er noch einige Male barsch “Mutter? Kannst du mich hören? Mutter?! Sag Archie, dass ich-” Aber keine Chance. Diese verdammten Mistdinger waren einfach viel zu unzuverlässig!
Genervt ließ er sich in seinem Stuhl zurückfallen und fuhr sich mit der Hand durchs Gesicht.
“Sie klammern sich an die Arbeit wie ein Ertrinkender an ein Stück Treibholz, Major. Gehen Sie nach Hause - Der Krieg setzt sich auch ohne Sie fort.”, kommentierte sein Kollege die Szenerie gelangweilt, während dieser selbst über seinem Schreibtisch gelehnt lag und die Dokumente über die neuesten Entwicklungen in der Artillerie studierte. “Sie sind allein ein Mann, kein ganzes Regiment", fuhr sein Kollege - Major Thompson - fort, während er eine Mappe mit Berichten über die jüngsten Schlachten aufschlug. “Und hier gibt es ohnehin nichts für Sie zu tun, weil man Ihre Aufgaben Oberstleutnant Williams übertragen hat.”, sprachs weiter, ehe ein tadelnder Blick folgte.
Warum beschlich ihn so langsam das Gefühl, man wolle ihn loswerden?
Gregory stand auf, schnappte sich seine dunkelblaue Uniformjacke und warf sie sich schnaubend über. Gut. Ab er hatte ohnehin keine Zeit mehr, seinen Kollegen auf die Nerven zu gehen!
“Ruhen Sie sich aus - Sie haben viel erlebt, viel gesehen und Ihr Körper muss heilen.”, hatte Dr. Mallard gesagt. Aber welche Ahnung hatte diese Frau schon? Sie verschanzte sich hier in Easenna, ohne wirklich zu wissen, was auf dem Schlachtfeld vor sich ging. Er durfte nicht ruhen. Ruhe war so ziemlich das Schlimmste, was seinem Geist passieren konnte, denn dann kämpften sich die Fragen nach dem warum an die Oberfläche. Warum das ganze? Warum dieser Krieg? Warum all das Leid… Wie viele Männer hatte er in den letzten Jahren schon verloren? Er kannte jeden einzelnen beim Namen. 200 Mann standen derzeit unter seinem Befehl.
Nein, korrigierte er sich. Man hatte ihn von der Front geholt und das einzige was ihm jetzt noch übrig blieb war ein Mädchen.
Herzog Sagebough war ein sympathischer Mann. Zumindest hatte Gregory das so empfunden. Das Empfehlungsschreiben hatte sein Vater aufgesetzt - die beiden Männer kannten sich sogar persönlich. Das war nicht ungewöhnlich, immerhin war Alaric Ashcroft Großkanzler im Rat der Magier. Die Tochter um die es ging hatte er jedoch nicht kennenlernen dürfen. Was auch nicht weiter ungewöhnlich war, denn für den Moment spielte es auch überhaupt keine Rolle, ob er nun ein Mädchen, einen Jungen oder gar einen Hund beschützen sollte - solange es ihn von seinem aktuellen Zustand der Untätigkeit befreite.
Der Gedanke daran, wieder eine Aufgabe zu haben, beruhigte allerdings wieder seinen Geist und trieb die finsteren Gedanken zurück in den Abgrund, wo sie hingehörten.
Er schnappte sich seine silberne Taschenuhr, warf einen Blick darauf und entschied, dass das Mittagessen heute ausfallen würde. Das Gespräch mit seiner Mutter hatte deutlich zu lange gedauert - wenn er es noch pünktlich zum Anwesen der Sagebough schaffen wollte, dann musste er sofort los!
Mit schnellen Schritten marschierte er aus der Kaserne, steuerte sogleich die Schienen an, welche sich wie ein Labyrinth durch die Straßen der Stadt schlängelten, als er das vertraute zischen und rattern der kleinen Lok in der Ferne schon wahrnehmen konnte, also verlangsamte er seine Schritte und sprang geschickt noch während der Fahrt auf das Trittbrett des letzten Wagons. Die Passagiere in der Straßenbahn warfen ihm überraschte Blicke zu, aber Gregory ignorierte sie und konzentrierte sich darauf, nicht vor schmerz zusammenzuzucken, da die Wunde ihm dann und wann doch noch Probleme machte.
In der Nähe des Herrenhauses des Herzog sprang er wieder ab und tat dabei ungefähr das Gleiche wie zuvor: Sich zusammenzureißen, nicht in die Knie zu gehen vor Schmerz.
Mit gestrafften Schultern setzte er seinen Weg fort, das ziehen und pochen der Narbe ignorierend, während er mit strenger Miene sein Ziel ansteuerte.
Das Herrenhaus des Herzogs erstreckte sich majestätisch vor ihm, umgeben von gepflegten Gärten und bewachten Mauern. Gregory zögerte einen Moment, bevor er die breiten Stufen zum Eingang hinaufging, dann atmete er tief durch und straffte seine Uniform, bevor er sich mit dem Wachpersonal bekannt machte. Es dauerte eine Weile bis man ihn in Empfang nahm - und das zunächst nur von weiterem Personal des Herzogs. Alles in allem war zwar jeder hier höflich reserviert, aber nicht unbedingt begeistert davon einen Neuen in ihren Reihen aufzunehmen. Nun.. So viel wie Gregory verstanden hatte, war diese Aufgabe ohnehin nur von begrenzter Dauer, denn der Herzog gedachte noch in diesem Sommer, seine Tochter zu verheiraten. Insgeheim fragte sich der Major zwar, warum das bisher noch nicht passiert war, aber prinzipiell wollte er nicht zu viel Energie in solche Gedanken stecken.
Gründe dafür gab es reichlich und nicht selten lagen diese vielleicht auch schlicht an der Auswahl der Männer, die man ihr lieferte. Bei diesem Gedanken zupfte doch tatsächlich so etwas wie ein fieses Grinsen an seinen Mundwinkeln, ehe er sich längst wieder gefasst hatte und seine ernste Miene erneut die Oberhand gewann.
Noch während er wartete, trat eine elegant gekleidete, ältere Dame aus einem Seitenraum in die Empfangshalle, ihre dunklen Locken, welche längst von grauen Strähnen durchzogen waren, waren sorgfältig frisiert und sie hatte ein freundliches Lächeln auf den Lippen. "Major Ashcroft, wie schön, Sie wiederzusehen", sagte sie mit einer sanften Stimme.
"Mrs. Harrington", erwiderte Gregory höflich und verneigte sich leicht. "Ich hoffe ich bin nicht zu früh..."
Die ältere Dame winkte ihm zu, ihm zu folgen. "Unsinn. Und bitte, Major, kommen Sie mit mir. Der Herzog und seine Tochter erwarten Sie bereits im Speisesaal."
Tatsächlich? Ein weiterer Blick auf seine Taschenuhr - er war zu früh. Mit letzterem hatte er überdies noch nicht gerechnet. Eigentlich ging er davon aus, noch weitere Formalitäten mit dem Herzog zu besprechen, bevor man ihn mit der Frau bekannt machte. Feyra. Unbekannt war ihm der Name natürlich nicht. Er hatte sie sogar schon einmal auf einer der Militärbankette von weitem gesehen. Dennoch wusste er nicht viel über sie selbst.
Gregory folgte der Hausherrin durch die eleganten Korridore des Anwesens - es war ja nicht so, als kannte er sich gar nicht in solchen Räumlichkeiten aus, aber diese zur Schau Stellung von Macht und Geld waren ihm seit seiner Zeit an der Front zuwider. Dabei war er sich der Ironie dessen durchaus bewusst - immerhin war sein eigener Vater Großkanzler und Gregory war somit nicht gerade unter ärmlichen Verhältnissen groß geworden. Dennoch… All dieser Prunk.
Nun. Er wusste ja, worauf er sich hier eingelassen hatte. Seine Augen auf eine verwöhnte junge Dame zu behalten, damit diese sicher und wohlbehütet ihr alltägliches Dasein fristen durfte.
Als sie den Speisesaal erreichten, öffneten sich die großen Flügeltüren und enthüllten einen opulenten Raum, der von einem großen Kronleuchter erhellt wurde und mit edlen Möbeln und kunstvollen Dekorationen ausgestattet war.
"Major, wie schön, Sie bei uns zu haben", begrüßte der Herzog ihn angespannter Stimme, während er ihm die Hand reichte. "Bitte, nehmen Sie Platz." Der Seitenblick des Mannes ihm gegenüber galt seiner Tochter und überraschenderweise wirkte Herzog Sagebough nervös und schenkte seiner Tochter sogar ein entschuldigendes Lächeln.
Für den Moment wäre Gregory gerne lieber stehen geblieben, ging aber nichtsdestotrotz der Aufforderung nach. Warum genau wurde er so herzlich empfangen? Misstrauen wuchs in ihm. Es wirkte beinahe so, als hätte man ihn in die Höhle des Löwen gelockt und versuchte nun mit silberzungen auf ihn einzureden.
Seine blauen Augen wanderten zu Feyra - dem Grund, weshalb er hier war. Sie hatte durchaus etwas von einer Löwin. Ihr rotes Haar und der stolze Blick. Kurz zuckte eine seiner Augenbraue in die Höhe. Sollte er etwas sagen? Sich vorstellen?
Sein zukünftiger Arbeitgeber räusperte sich dann jedoch. “Nun, ich dachte, bei Tee lässt es sich besser miteinander bekannt machen.. Feyra - darf ich dir also Major Ashcroft vorstellen? Er wird ab heute Dimitri ersetzen.”
Eilig stand Gregory wieder auf, um sich mit ernster Miene leicht in ihre Richtung zu verbeugen.
“Und du bist sicher, dass du das willst?”, hörte Gregory seine Mutter am andere Ende der Telefonleitung recht blechern sagen, ehe die Leitung knackte. “Warum kommst du nicht nach Hause?”
Seine dunklen Augenbrauen schoben sich zusammen, während sich jeder Muskel in seinem Körper anspannte.
“Wie geht es Archie?”, fragte er stattdessen, um das Thema zu wechseln.
“Wie soll es ihm schon gehen? Er vermisst seinen Vater!”
Gregory stieß scharf die Luft aus, was in einem brummenden Geräusch endete, woraufhin er sofort einen argwöhnischen Blick seines Kollegen erntete. Er lehnte sich in seinem Schreibtischstuhl zurück und schob ohne darüber nachzudenken, in abwehrender Haltung seine linke Hand unter seinen rechten Arm.
“Gib ihn mir.” Er konnte seiner Mutter ja nur schwer gestehen, dass der Bursche besser ohne ihn dran war. Sein Blick wanderte zu seiner linken Hand, an welchem er immer noch den Ehering trug - und das, obwohl die Mutter dieses Jungen seit nun 2 Jahren tot war. Lydia seufzte nun ihrerseits, jedoch weitaus theatralischer.
“Ein Telefonat ersetzt kein Gespräch von angesicht zu angesicht mein Sohn. Wenn du Archie sehen willst, komm morgen zum Essen!”
“Morgen kann ich nicht. Und heute auch nicht.” Erinnerte er sie an seinen ersten Arbeitstag beim Herzog von Easenna. Erneut knackte die Leitung, ein kurzes Rauschen folgte. Nervös lehnte sich der breitschultrige Major nach vorne und tippte auf die Messingvorrichtung, um die Verbindung beizubehalten, doch das Knistern blieb bestehen. "Verdammt", fluchte er leise und ließ den Hörer zurück auf die Gabel fallen, nachdem er noch einige Male barsch “Mutter? Kannst du mich hören? Mutter?! Sag Archie, dass ich-” Aber keine Chance. Diese verdammten Mistdinger waren einfach viel zu unzuverlässig!
Genervt ließ er sich in seinem Stuhl zurückfallen und fuhr sich mit der Hand durchs Gesicht.
“Sie klammern sich an die Arbeit wie ein Ertrinkender an ein Stück Treibholz, Major. Gehen Sie nach Hause - Der Krieg setzt sich auch ohne Sie fort.”, kommentierte sein Kollege die Szenerie gelangweilt, während dieser selbst über seinem Schreibtisch gelehnt lag und die Dokumente über die neuesten Entwicklungen in der Artillerie studierte. “Sie sind allein ein Mann, kein ganzes Regiment", fuhr sein Kollege - Major Thompson - fort, während er eine Mappe mit Berichten über die jüngsten Schlachten aufschlug. “Und hier gibt es ohnehin nichts für Sie zu tun, weil man Ihre Aufgaben Oberstleutnant Williams übertragen hat.”, sprachs weiter, ehe ein tadelnder Blick folgte.
Warum beschlich ihn so langsam das Gefühl, man wolle ihn loswerden?
Gregory stand auf, schnappte sich seine dunkelblaue Uniformjacke und warf sie sich schnaubend über. Gut. Ab er hatte ohnehin keine Zeit mehr, seinen Kollegen auf die Nerven zu gehen!
“Ruhen Sie sich aus - Sie haben viel erlebt, viel gesehen und Ihr Körper muss heilen.”, hatte Dr. Mallard gesagt. Aber welche Ahnung hatte diese Frau schon? Sie verschanzte sich hier in Easenna, ohne wirklich zu wissen, was auf dem Schlachtfeld vor sich ging. Er durfte nicht ruhen. Ruhe war so ziemlich das Schlimmste, was seinem Geist passieren konnte, denn dann kämpften sich die Fragen nach dem warum an die Oberfläche. Warum das ganze? Warum dieser Krieg? Warum all das Leid… Wie viele Männer hatte er in den letzten Jahren schon verloren? Er kannte jeden einzelnen beim Namen. 200 Mann standen derzeit unter seinem Befehl.
Nein, korrigierte er sich. Man hatte ihn von der Front geholt und das einzige was ihm jetzt noch übrig blieb war ein Mädchen.
Herzog Sagebough war ein sympathischer Mann. Zumindest hatte Gregory das so empfunden. Das Empfehlungsschreiben hatte sein Vater aufgesetzt - die beiden Männer kannten sich sogar persönlich. Das war nicht ungewöhnlich, immerhin war Alaric Ashcroft Großkanzler im Rat der Magier. Die Tochter um die es ging hatte er jedoch nicht kennenlernen dürfen. Was auch nicht weiter ungewöhnlich war, denn für den Moment spielte es auch überhaupt keine Rolle, ob er nun ein Mädchen, einen Jungen oder gar einen Hund beschützen sollte - solange es ihn von seinem aktuellen Zustand der Untätigkeit befreite.
Der Gedanke daran, wieder eine Aufgabe zu haben, beruhigte allerdings wieder seinen Geist und trieb die finsteren Gedanken zurück in den Abgrund, wo sie hingehörten.
Er schnappte sich seine silberne Taschenuhr, warf einen Blick darauf und entschied, dass das Mittagessen heute ausfallen würde. Das Gespräch mit seiner Mutter hatte deutlich zu lange gedauert - wenn er es noch pünktlich zum Anwesen der Sagebough schaffen wollte, dann musste er sofort los!
Mit schnellen Schritten marschierte er aus der Kaserne, steuerte sogleich die Schienen an, welche sich wie ein Labyrinth durch die Straßen der Stadt schlängelten, als er das vertraute zischen und rattern der kleinen Lok in der Ferne schon wahrnehmen konnte, also verlangsamte er seine Schritte und sprang geschickt noch während der Fahrt auf das Trittbrett des letzten Wagons. Die Passagiere in der Straßenbahn warfen ihm überraschte Blicke zu, aber Gregory ignorierte sie und konzentrierte sich darauf, nicht vor schmerz zusammenzuzucken, da die Wunde ihm dann und wann doch noch Probleme machte.
In der Nähe des Herrenhauses des Herzog sprang er wieder ab und tat dabei ungefähr das Gleiche wie zuvor: Sich zusammenzureißen, nicht in die Knie zu gehen vor Schmerz.
Mit gestrafften Schultern setzte er seinen Weg fort, das ziehen und pochen der Narbe ignorierend, während er mit strenger Miene sein Ziel ansteuerte.
Das Herrenhaus des Herzogs erstreckte sich majestätisch vor ihm, umgeben von gepflegten Gärten und bewachten Mauern. Gregory zögerte einen Moment, bevor er die breiten Stufen zum Eingang hinaufging, dann atmete er tief durch und straffte seine Uniform, bevor er sich mit dem Wachpersonal bekannt machte. Es dauerte eine Weile bis man ihn in Empfang nahm - und das zunächst nur von weiterem Personal des Herzogs. Alles in allem war zwar jeder hier höflich reserviert, aber nicht unbedingt begeistert davon einen Neuen in ihren Reihen aufzunehmen. Nun.. So viel wie Gregory verstanden hatte, war diese Aufgabe ohnehin nur von begrenzter Dauer, denn der Herzog gedachte noch in diesem Sommer, seine Tochter zu verheiraten. Insgeheim fragte sich der Major zwar, warum das bisher noch nicht passiert war, aber prinzipiell wollte er nicht zu viel Energie in solche Gedanken stecken.
Gründe dafür gab es reichlich und nicht selten lagen diese vielleicht auch schlicht an der Auswahl der Männer, die man ihr lieferte. Bei diesem Gedanken zupfte doch tatsächlich so etwas wie ein fieses Grinsen an seinen Mundwinkeln, ehe er sich längst wieder gefasst hatte und seine ernste Miene erneut die Oberhand gewann.
Noch während er wartete, trat eine elegant gekleidete, ältere Dame aus einem Seitenraum in die Empfangshalle, ihre dunklen Locken, welche längst von grauen Strähnen durchzogen waren, waren sorgfältig frisiert und sie hatte ein freundliches Lächeln auf den Lippen. "Major Ashcroft, wie schön, Sie wiederzusehen", sagte sie mit einer sanften Stimme.
"Mrs. Harrington", erwiderte Gregory höflich und verneigte sich leicht. "Ich hoffe ich bin nicht zu früh..."
Die ältere Dame winkte ihm zu, ihm zu folgen. "Unsinn. Und bitte, Major, kommen Sie mit mir. Der Herzog und seine Tochter erwarten Sie bereits im Speisesaal."
Tatsächlich? Ein weiterer Blick auf seine Taschenuhr - er war zu früh. Mit letzterem hatte er überdies noch nicht gerechnet. Eigentlich ging er davon aus, noch weitere Formalitäten mit dem Herzog zu besprechen, bevor man ihn mit der Frau bekannt machte. Feyra. Unbekannt war ihm der Name natürlich nicht. Er hatte sie sogar schon einmal auf einer der Militärbankette von weitem gesehen. Dennoch wusste er nicht viel über sie selbst.
Gregory folgte der Hausherrin durch die eleganten Korridore des Anwesens - es war ja nicht so, als kannte er sich gar nicht in solchen Räumlichkeiten aus, aber diese zur Schau Stellung von Macht und Geld waren ihm seit seiner Zeit an der Front zuwider. Dabei war er sich der Ironie dessen durchaus bewusst - immerhin war sein eigener Vater Großkanzler und Gregory war somit nicht gerade unter ärmlichen Verhältnissen groß geworden. Dennoch… All dieser Prunk.
Nun. Er wusste ja, worauf er sich hier eingelassen hatte. Seine Augen auf eine verwöhnte junge Dame zu behalten, damit diese sicher und wohlbehütet ihr alltägliches Dasein fristen durfte.
Als sie den Speisesaal erreichten, öffneten sich die großen Flügeltüren und enthüllten einen opulenten Raum, der von einem großen Kronleuchter erhellt wurde und mit edlen Möbeln und kunstvollen Dekorationen ausgestattet war.
"Major, wie schön, Sie bei uns zu haben", begrüßte der Herzog ihn angespannter Stimme, während er ihm die Hand reichte. "Bitte, nehmen Sie Platz." Der Seitenblick des Mannes ihm gegenüber galt seiner Tochter und überraschenderweise wirkte Herzog Sagebough nervös und schenkte seiner Tochter sogar ein entschuldigendes Lächeln.
Für den Moment wäre Gregory gerne lieber stehen geblieben, ging aber nichtsdestotrotz der Aufforderung nach. Warum genau wurde er so herzlich empfangen? Misstrauen wuchs in ihm. Es wirkte beinahe so, als hätte man ihn in die Höhle des Löwen gelockt und versuchte nun mit silberzungen auf ihn einzureden.
Seine blauen Augen wanderten zu Feyra - dem Grund, weshalb er hier war. Sie hatte durchaus etwas von einer Löwin. Ihr rotes Haar und der stolze Blick. Kurz zuckte eine seiner Augenbraue in die Höhe. Sollte er etwas sagen? Sich vorstellen?
Sein zukünftiger Arbeitgeber räusperte sich dann jedoch. “Nun, ich dachte, bei Tee lässt es sich besser miteinander bekannt machen.. Feyra - darf ich dir also Major Ashcroft vorstellen? Er wird ab heute Dimitri ersetzen.”
Eilig stand Gregory wieder auf, um sich mit ernster Miene leicht in ihre Richtung zu verbeugen.