Heute, 00:36 - Wörter:
Nicoletta Angelini
02.05.2020 | Galleria Spada | Mittags
02.05.2020 | Galleria Spada | Mittags
Mit langsamen und nachdenklichen Schritten hatte Nicoletta den Raum durchschritten und blieb vor dem Portrait von Kardinal Bernardino Spada stehen und betrachtete das hübsche Rot, das sich von dem Gemälde abhob. Zwar war es nicht so kräftig wie die rote Farbe des kompletten Raums, aber vielleicht war es genau deswegen so besonders. Reni würde ihr wohl einiges erzählen, woher diese Besonderheit kam und das sicherlich nicht, weil die Wand ein anderes Rot hatte als sein Portrait. Der Gedanke amüsierte sie ein wenig und ließ sie vor sich her schmunzeln. Nur gut, dass Reni nicht mehr lebte, er hätte ihr wahrscheinlich ein Ohr abgekaut. Nico legte den Kopf schief, streifte sich dabei eine ihrer Locken hinter ihr Ohr und musterte das Portrait, das daneben aufgehängt worden war. Die barocke Kunst war in einem bestimmten Punkt immer schon etwas düster und dramatisch gewesen, was sie so faszinierend machte. Hier irgendwo musste auch das Portrait des Mannes mit Turban hängen. Sie war eindeutig schon zu lange aus Rom weg gewesen. Nicolette würde noch so einiges aufholen müssen. Klar, man konnte alles im Internet finden und recherchieren, aber das war doch ziemlich langweilig, wenn man eigentlich die besagten Kunstwerke vor der Nase hatte. Sie löste den Blick von dem Kardinal und seinen Nachbarn, musterte kurz die anderen, die den Raum betreten hatten, und ging ein paar Schritte weiter, um sich Tizian zu widmen. Sie verschränkte die Arme und musterte den Mann mit Turban. Der hatte mal wieder ein bisschen Pflege und zuwendung nötig.