The Storyteller

Ein fieser Kopfschmerze machte sich in seinen Schläfen breit und er fragte sich, woher dieses nervige Piepen kam. Es war keines der Geräusche, die er in seinen Alltag integriert hatte, doch wenigstens löste es keine weitere Panikattacke in ihm aus. Nicht, dass er diese hatte. Jaliel weigerte sich einfach, daran zu glauben, dass er jetzt unter diesem ganzen Kram leiden sollte, auch wenn der Therapeut immer wieder versuche ihn vom Gegenteil zu überzeugen.
Müde tastete er mit der Hand über den klebrigen Nachtschrank, während das schrille Piepen weiter und weiter durch den Raum schallte. Zuerst trafen seine Finger jedoch auf die Zigarettenpackung und er zog diese etwas dichter heran und schob sich kurz darauf auch schon einen der Glimmstängel zwischen die trockenen Lippen. Seine Zunge war pelzig und ein übler Geschmack machte sich in seinem Mund breit, als er den ersten, tiefen Zug nahm, die Flamme am Feuerzeug noch am Brennen. Das nervige Geräusch erlosch – nur um direkt wieder einzusetzen. Der Navy Seal drehte sich auf die Seite und kurz darauf traf er die richtige Taste und hielt sich das Handy ans Ohr. “Was?”, bellte er in das Mikrofon, ohne zu wissen, wer am anderen Ende der Leitung war. Es war Hawthrone und bei dem Namen schaffte er es, sich zumindest ansatzweise in dem ranzigen Bett des Motels, in welchem er die Nacht verbracht hatte, aufzurichten und gegen das Bettgestell am Kopfende zu lehnen. “Was gibt es?”
Nicht, dass er sonderlich erfreut war, so früh - ein Blick auf den Radiowecker verriet ihm, dass es 13 Uhr am Nachmittag war – geweckt zu werden. Doch ihn und den alten Marine verband eine lange Geschichte, unter anderem hatte der Mann ihn ausgebildet und mit der gewissenhaften Grundlage dafür gesorgt, dass er die Karriere machen konnte, die er hingelegt hatte. Früher und effektiver als so viele andere aus seinem Jahrgang. Außerdem hatten sie bereits drei Einsätze im Ausland miteinander und er war auch derjenige, der am Ende dafür gesorgt hat, dass er und der Rest der Truppe aus der Gefangenschaft freigelassen wurden. Es war sein Verdienst und er hatte das Gefühl, ihm etwas schuldig zu sein. Und diesen Gefallen wollte er jetzt offenbar einfordern.
“Ich soll was?”, fragte er nach, um sich zu vergewissern, dass er richtig verstanden hatte. Aber hatte er. Laut seiner Tochter war irgendein gefährlicher Virus entstanden bei der Forschung gegen Corona und nun drohte der Welt eine Art Zombiedesaster wie aus den Filmen. Das klang alles mehr als unwahrscheinlich in seinen Ohren und doch sagte er zu, dass Mädchen aus Washington rauszuholen, er war nur etwa eine Stunde entfernt, und nach Eureka zu bringen. Ein Tagesausflug, wenn die Straßen frei waren, wovon er ausging. Dort würden sie dann gemeinsam in einem Safehaus unterkommen, bis er selbst es schaffte dort einzutreffen. Vorausgesetzt, es gab noch einen Rückflug. Ansonsten sagte er ihm zu, solange auf die junge Frau aufzupassen, wie es für ihn möglich war, ohne selbst sein Leben in Gefahr zu bringen oder die Pflicht nicht von ihm verlangte, an die Front zu ziehen. Das Leben einer Zivilistin die keinerlei Bedeutung hatte war nicht so wichtig wie das Leben aller.
Er stand auf und richtete seinen Blick, die beinahe bis zum Filter abgebrannte Zigarette zwischen den Lippen, auf den fleckigen Teppich, bevor er mit leichtem Schwindel aufstand und ins Badezimmer schlurfte, wo er sich kurz duschte und dann seine wenigen Sachen zusammenpackte. Auf dem Weg würde er, nur für den Notfall, noch einige Dinge besorgen.
Vor der Tür blinzelte er in das helle Licht und holte einige Male tief Luft. Der miefige Geruch im inneren war ihm gar nicht mehr aufgefallen doch jetzt, im Tageslicht, war es ihm um so deutlicher. Die Sonnenbrille wanderte auf seine Nase noch während er vor der Tür im ersten Stock stand und sich anschließend langsam auf den Weg zu seinem Wagen machte.