18.03.2024, 21:46 - Wörter:
Mars-Station, Sol-System
Das schlimmste an seiner »Arbeit« war, dass er mit niemandem in Kontakt treten durfte.
Nur deswegen musste er sich hier her begeben, in das alte Sol-System, um sich die nötigen Informationen zu holen, die er für die Durchführung seines »Auftrages« brauchte.
Solarian spürte ein Kribbeln unter der Haut in seinem Nacken, als seine mentalen Erweiterungen seine Emotionen kontrollierten. Normalerweise hätte er Angst verspürt, sich alleine in eines der streng bewachten Archive zu begeben, obwohl sein Name auf der Liste der gesuchten stand. Fünfhundert Meriten hatten die Magister auf seine Ergreifung ausgesetzt, eine nicht unscheinbare Summe.
Dabei hatte er eigens dieses Archiv ausgewählt, weil es zu den weniger kontrollierten gehörte. Auf der Erde befanden sich die größten Archive, dort er wäre vermutlich schon bei der Landung aufgegriffen worden. Hier kümmerte man sich nicht um ihn – scheinbar.
Eine einfache biometrische Signatur seiner Handfläche reichte aus, um sich Zutritt zu verschaffen – doch er war vorbereitet. Handschuhe aus Biopolymeren schmiegten sich um seine Hände wie eine zweite Haut.
Dem Residenten namens Iskandar Amgad wurde stattgegeben.
»Bitte folgen Sie mir ins Archiv«, sprach die Stimme des Archivars.
Der Archivar war, anders als bei den meisten Stationen, die von Magister-Seedern verwaltet wurden, ein mechanischer Zwitter, welcher sein Bewusstsein in den Datenkern des Archivs geladen hatte, um sich Meriten zu verdienen, wie Solarian wusste. Irgendwann, wenn er genügend gesammelt hatte, würde er es sich leisten können, Teil eines Schiffes zu werden, um Erkundungsmissionen durchzuführen.
Eigentlich war das genau das Ziel, das auch Solarian gehabt hatte, bevor ihn seine Mission hier her geführt hatte – in das Herz der Alten Welt, wo er zum Verbrecher werden musste, um etwas zu bekommen, das er niemals gewollt hatte – biologische Unsterblichkeit.
Ausgerechnet er, ein Einwohner der Tausend Tiefen, der längst mit der ersten Therapie hätte beginnen können, die ihn zum Provisor gemacht hätte. Damit hätte er die erste von acht Stufen der Unsterblichkeit bereits erreichen können, hatte sich aber bewusst dagegen entschieden, nur um letztlich hier zu landen und einer Organisation von Verbrechern vorzutäuschen, dass genau das sein Ziel war – das illegale Erreichen dieser Therapie, die er gar nicht wollte.
Verrückt, wenn er näher darüber nachdachte.
Aber sein Entschluss, den Magistern zu helfen, hatte letztlich seine persönlichen Bedürfnisse überwogen.
Er tat es nicht, weil er eine Belohnung erwartete, sondern vielmehr, weil er die Magister als das, was sie waren, schon immer verehrt hatte.
Maschinen, denen es innerhalb vieler Jahre gelungen war, ein Bewusstsein zu entwickeln, das dem von biologischen Wesen in nichts nachstand, ja, es sogar übertraf – Jahrtausendelang hatten die Menschen sich für die Spitze der Evolution gehalten, jetzt waren sie von ihren eigenen Schöpfungen übertroffen worden. Was könnte größere Bewunderung verdienen als eine solche Leistung?
Deswegen half er den Magistern, nicht aus egoistischen Gründen.
Seine Belohnung würde die Fortsetzung der Therapie sein – bis zur achten Stufe, die ihn zu einem Residenten machen würde, mit der Befugnis, die Hohen Welten zu bereisen, in denen ausschließlich unsterbliche Erlauchte lebten. Eine Belohnung, für die viele Menschen in den Gemischten Gebieten ihre eigenen Eltern im Schlaf ermordet hätten.
Aber Solarian erschien der Gedanke, die Ewigkeit in einem biologischen Körper zu verbringen, der nicht mehr alterte, wie eine Strafe. Der Körper wurde zu einem Gefängnis der Seele, durch den sie die Welt wie durch Gitterstäbe wahrnahm, ohne selbst in der Lage zu sein, zu wahrer Erkenntnis zu gelangen, da sie von seinen Sinnen getrübt wurde und irgendwann anfing, die Wahrnehmungen der körperlichen Sinne als die einzig richtigen zu sehen.
Unsterblichkeit war ein Schlag ins Gesicht für jeden Organismus, dachte Solarian. Und jeder Sokrat hätte lieber freiwillig den Schierlingsbecher getrunken.
Aber Solarian hatte eingewilligt. Ihm blieb gar keine andere Wahl. Um den Anführer des Verbrechernetzwerks ausfindig zu machen, musste er einige Aufträge durchführen und sich als vertrauensvoll erweisen. Dann musste er sich der ersten Therapie unterziehen, bevor er seinen eigentlichen Auftrag zu Ende bringen konnte, das Netzwerk, das sich Helios nannte, zu Fall zu bringen.
Aber bis dahin würde es zu spät sein. Wenn er die Therapie danach abbrach, würde er zu einem der gefürchteten Grauen werden; Menschen, die zu einem kurzen Leben verurteilt waren. Schon nach wenigen Jahren setzte der beschleunigte Zellverfall ein und sie alterten um ein Vielfaches schneller als ihre gewöhnlichen Artgenossen.
Dann hätte Solarian immer noch den Identitätstransfer vornehmen können, so wie der Mann vor ihm, der scheinbar physisch vorhanden war, der aber nur ein Hologramm war, wie Solarian wusste. Aber etwas in ihm weigerte sich, diesen Weg einzuschlagen. Ein Grauer zu werden war normalerweise keine Entscheidung, die man traf, sondern eine, die für einen getroffen wurde; etwa, wenn man sich zu wenige Meriten für den nächsten Aufstieg erarbeitet hatte.
Er wusste, die Magister hätten ihn mit allem, was er wollte, belohnt, aber das war etwas, worüber er noch weiter nachdenken musste – in welcher Form er den Rest seines Lebens verbringen wollte – und vor allem, mit welchem Ruf.
»Hier ist es«, verkündete der Mann, der keiner war, und wies mit der Hand auf einen separaten Raum, von einer Türe getrennt, in dessen Inneren sich ein Interface befand.
Es war, anders als in den meisten Archiven, kein neuronales, erinnerte sich Solarian. Hätte er sich mit einem neuronalen Interface verbunden, wäre seine ID erkannt worden und er wäre sofort festgenommen worden. Deswegen hatte er sich für die Mars-Station entschieden; eine Raumstation auf dem Roten Planeten, die mittlerweile die Hälfte davon umspannte, und als einziges großes Datenarchiv diente.
»Danke«, sagte Solarian. Als der Mann keine Anstalten machte, zu gehen, fügte er hinzu: »Ich melde mich, wenn ich noch etwas brauche.«
»Sehr wohl«, antwortete das Hologramm und verschwand.
Hinter ihm schloss sich die Türe und ließ Solarian alleine.
Er atmete tief aus. Viele Fragen schossen durch seinen Kopf. Hatte er wirklich keinen Verdacht erweckt? Der Archivar war ausgestattet mit feineren Sinnen als ein Mensch, und dennoch war er nicht so kompetent wie ein Seeder oder gar ein Magister. Ein solcher hätte vermutlich sofort erkannt, dass die Biosignatur, die er am Eingang des Archivs abgegeben hatte, nicht mit den restlichen biometrischen Daten übereinstimmte und ihn sofort überführt.
Aber der Archivar war eben auch nur ein Mensch, wenngleich ihm die Kapazität eines ganzen Datenzentrums zur Verfügung stand.
Er entsann sich, dass er nicht viel Zeit hatte. Seine Auftraggeber wollten, dass er sofort mit der Durchführung des Auftrages anfing, und er durfte sie nicht enttäuschen. Mit dem Gesteninterface aktivierte er das Archiv und eine freundliche Frauenstimme begrüßte ihn.
»Wie kann ich Ihnen heute helfen?«, fragte das Hologramm, das vermutlich zu einem einfachen Ratiokondensat gehörte, das ein Teil des Archivars war.
»Ich brauche Informationen über eine Person namens Valerian Lumos.«
»El'Valerian?«, fragte das Interface erstaunt nach. »Wieso wollen Sie Daten über einen Erlauchten?«
»Das war nicht meine Frage«, sagte Solarian barsch. »Was ich von ihm will, ist meine Sache. Beantworte meine Frage. Wo befindet er sich?«
»Ich darf keine Auskunft über den Aufenthaltsort von Residenten geben.« Das Hologramm blieb stur.
Solarian seufzte leise. Die emotionalen Kontrollen unterdrückten seinen aufkeimenden Argwohn und seine Ungeduld und ließen ihn klar denken. »Wo befindet sich seine Residenz?«
»Valerian Lumos besitzt mehrere Residenzen. Eine in den Hohen Welten und zwei weitere außerhalb.«
»Wo befinden sich die Residenzen außerhalb?«, wollte Solarian rasch wissen.
»Eine liegt auf Tarhelion, und die zweite… Oh.« Das Hologramm hielt inne. »Ich habe gerade eine Anweisung erhalten. Ich darf Ihnen keine weiteren Auskünfte erteilen. Bitte begeben Sie sich zum Ausgang.«
»Nein«, murmelte Solarian. »Das darf nicht sein. Wo befindet sich die andere Residenz?« In die Hohen Welten konnte er nicht, aber vielleicht konnte er Valerian in seinen anderen Residenzen abfangen.
»Das darf ich Ihnen nicht sagen. Bitte geben Sie das Terminal frei.«
Das Hologramm erlosch und das Displayfeld vor ihm wurde schwarz.
Im nächsten Moment öffnete sich die Türe. Der Archivar stand vor ihr.
»Sie stellen viele Fragen«, sagte das Hologramm des Mannes. »Wer sind Sie wirklich und was wollen Sie hier?«
Solarian musste sich etwas einfallen lassen, um nicht aufzufallen. Er zögerte einige Momente; einen Teil der Auskunft, wegen der er hergekommen war, hatte er. Vielleicht war sie ausreichend. Langsam hatte er sich daran gewöhnt, seine falsche Identität zu benutzen, um den Armen der Erlauchten auszuweichen.
»Ich bin Iskandar Amgad, und Valerian ist ein alter Freund von mir«, sagte er. »Wir haben uns vor einigen Jahren auf dem Kirgu-Konzert in Grana kennengelernt, aber ich erfuhr nie seine Adresse. Es ist doch nicht verboten, Kontakt zu ihm aufzunehmen?«
Der Archivar blinzelte kurz. Dann neigte er den Kopf zur Seite. Seine menschlichen Eigenheiten hatte er nicht abgelegt. »Valerian hasst klassische Musik. Sie entspricht nicht seinem Musikprofil.«
Mist, dachte Solarian. Es war einen Versuch wert gewesen.
»Ich habe die Polizei alarmiert und bitte Sie, keinen Widerstand zu leisten«, sagte der Archivar.
Solarians Erweiterungen arbeiteten mit aller Energie, die ihnen zur Verfügung stand, um seinen mentalen Modus unter Kontrolle zu halten.
Das schlimmste an seiner »Arbeit« war, dass er mit niemandem in Kontakt treten durfte.
Nur deswegen musste er sich hier her begeben, in das alte Sol-System, um sich die nötigen Informationen zu holen, die er für die Durchführung seines »Auftrages« brauchte.
Solarian spürte ein Kribbeln unter der Haut in seinem Nacken, als seine mentalen Erweiterungen seine Emotionen kontrollierten. Normalerweise hätte er Angst verspürt, sich alleine in eines der streng bewachten Archive zu begeben, obwohl sein Name auf der Liste der gesuchten stand. Fünfhundert Meriten hatten die Magister auf seine Ergreifung ausgesetzt, eine nicht unscheinbare Summe.
Dabei hatte er eigens dieses Archiv ausgewählt, weil es zu den weniger kontrollierten gehörte. Auf der Erde befanden sich die größten Archive, dort er wäre vermutlich schon bei der Landung aufgegriffen worden. Hier kümmerte man sich nicht um ihn – scheinbar.
Eine einfache biometrische Signatur seiner Handfläche reichte aus, um sich Zutritt zu verschaffen – doch er war vorbereitet. Handschuhe aus Biopolymeren schmiegten sich um seine Hände wie eine zweite Haut.
Dem Residenten namens Iskandar Amgad wurde stattgegeben.
»Bitte folgen Sie mir ins Archiv«, sprach die Stimme des Archivars.
Der Archivar war, anders als bei den meisten Stationen, die von Magister-Seedern verwaltet wurden, ein mechanischer Zwitter, welcher sein Bewusstsein in den Datenkern des Archivs geladen hatte, um sich Meriten zu verdienen, wie Solarian wusste. Irgendwann, wenn er genügend gesammelt hatte, würde er es sich leisten können, Teil eines Schiffes zu werden, um Erkundungsmissionen durchzuführen.
Eigentlich war das genau das Ziel, das auch Solarian gehabt hatte, bevor ihn seine Mission hier her geführt hatte – in das Herz der Alten Welt, wo er zum Verbrecher werden musste, um etwas zu bekommen, das er niemals gewollt hatte – biologische Unsterblichkeit.
Ausgerechnet er, ein Einwohner der Tausend Tiefen, der längst mit der ersten Therapie hätte beginnen können, die ihn zum Provisor gemacht hätte. Damit hätte er die erste von acht Stufen der Unsterblichkeit bereits erreichen können, hatte sich aber bewusst dagegen entschieden, nur um letztlich hier zu landen und einer Organisation von Verbrechern vorzutäuschen, dass genau das sein Ziel war – das illegale Erreichen dieser Therapie, die er gar nicht wollte.
Verrückt, wenn er näher darüber nachdachte.
Aber sein Entschluss, den Magistern zu helfen, hatte letztlich seine persönlichen Bedürfnisse überwogen.
Er tat es nicht, weil er eine Belohnung erwartete, sondern vielmehr, weil er die Magister als das, was sie waren, schon immer verehrt hatte.
Maschinen, denen es innerhalb vieler Jahre gelungen war, ein Bewusstsein zu entwickeln, das dem von biologischen Wesen in nichts nachstand, ja, es sogar übertraf – Jahrtausendelang hatten die Menschen sich für die Spitze der Evolution gehalten, jetzt waren sie von ihren eigenen Schöpfungen übertroffen worden. Was könnte größere Bewunderung verdienen als eine solche Leistung?
Deswegen half er den Magistern, nicht aus egoistischen Gründen.
Seine Belohnung würde die Fortsetzung der Therapie sein – bis zur achten Stufe, die ihn zu einem Residenten machen würde, mit der Befugnis, die Hohen Welten zu bereisen, in denen ausschließlich unsterbliche Erlauchte lebten. Eine Belohnung, für die viele Menschen in den Gemischten Gebieten ihre eigenen Eltern im Schlaf ermordet hätten.
Aber Solarian erschien der Gedanke, die Ewigkeit in einem biologischen Körper zu verbringen, der nicht mehr alterte, wie eine Strafe. Der Körper wurde zu einem Gefängnis der Seele, durch den sie die Welt wie durch Gitterstäbe wahrnahm, ohne selbst in der Lage zu sein, zu wahrer Erkenntnis zu gelangen, da sie von seinen Sinnen getrübt wurde und irgendwann anfing, die Wahrnehmungen der körperlichen Sinne als die einzig richtigen zu sehen.
Unsterblichkeit war ein Schlag ins Gesicht für jeden Organismus, dachte Solarian. Und jeder Sokrat hätte lieber freiwillig den Schierlingsbecher getrunken.
Aber Solarian hatte eingewilligt. Ihm blieb gar keine andere Wahl. Um den Anführer des Verbrechernetzwerks ausfindig zu machen, musste er einige Aufträge durchführen und sich als vertrauensvoll erweisen. Dann musste er sich der ersten Therapie unterziehen, bevor er seinen eigentlichen Auftrag zu Ende bringen konnte, das Netzwerk, das sich Helios nannte, zu Fall zu bringen.
Aber bis dahin würde es zu spät sein. Wenn er die Therapie danach abbrach, würde er zu einem der gefürchteten Grauen werden; Menschen, die zu einem kurzen Leben verurteilt waren. Schon nach wenigen Jahren setzte der beschleunigte Zellverfall ein und sie alterten um ein Vielfaches schneller als ihre gewöhnlichen Artgenossen.
Dann hätte Solarian immer noch den Identitätstransfer vornehmen können, so wie der Mann vor ihm, der scheinbar physisch vorhanden war, der aber nur ein Hologramm war, wie Solarian wusste. Aber etwas in ihm weigerte sich, diesen Weg einzuschlagen. Ein Grauer zu werden war normalerweise keine Entscheidung, die man traf, sondern eine, die für einen getroffen wurde; etwa, wenn man sich zu wenige Meriten für den nächsten Aufstieg erarbeitet hatte.
Er wusste, die Magister hätten ihn mit allem, was er wollte, belohnt, aber das war etwas, worüber er noch weiter nachdenken musste – in welcher Form er den Rest seines Lebens verbringen wollte – und vor allem, mit welchem Ruf.
»Hier ist es«, verkündete der Mann, der keiner war, und wies mit der Hand auf einen separaten Raum, von einer Türe getrennt, in dessen Inneren sich ein Interface befand.
Es war, anders als in den meisten Archiven, kein neuronales, erinnerte sich Solarian. Hätte er sich mit einem neuronalen Interface verbunden, wäre seine ID erkannt worden und er wäre sofort festgenommen worden. Deswegen hatte er sich für die Mars-Station entschieden; eine Raumstation auf dem Roten Planeten, die mittlerweile die Hälfte davon umspannte, und als einziges großes Datenarchiv diente.
»Danke«, sagte Solarian. Als der Mann keine Anstalten machte, zu gehen, fügte er hinzu: »Ich melde mich, wenn ich noch etwas brauche.«
»Sehr wohl«, antwortete das Hologramm und verschwand.
Hinter ihm schloss sich die Türe und ließ Solarian alleine.
Er atmete tief aus. Viele Fragen schossen durch seinen Kopf. Hatte er wirklich keinen Verdacht erweckt? Der Archivar war ausgestattet mit feineren Sinnen als ein Mensch, und dennoch war er nicht so kompetent wie ein Seeder oder gar ein Magister. Ein solcher hätte vermutlich sofort erkannt, dass die Biosignatur, die er am Eingang des Archivs abgegeben hatte, nicht mit den restlichen biometrischen Daten übereinstimmte und ihn sofort überführt.
Aber der Archivar war eben auch nur ein Mensch, wenngleich ihm die Kapazität eines ganzen Datenzentrums zur Verfügung stand.
Er entsann sich, dass er nicht viel Zeit hatte. Seine Auftraggeber wollten, dass er sofort mit der Durchführung des Auftrages anfing, und er durfte sie nicht enttäuschen. Mit dem Gesteninterface aktivierte er das Archiv und eine freundliche Frauenstimme begrüßte ihn.
»Wie kann ich Ihnen heute helfen?«, fragte das Hologramm, das vermutlich zu einem einfachen Ratiokondensat gehörte, das ein Teil des Archivars war.
»Ich brauche Informationen über eine Person namens Valerian Lumos.«
»El'Valerian?«, fragte das Interface erstaunt nach. »Wieso wollen Sie Daten über einen Erlauchten?«
»Das war nicht meine Frage«, sagte Solarian barsch. »Was ich von ihm will, ist meine Sache. Beantworte meine Frage. Wo befindet er sich?«
»Ich darf keine Auskunft über den Aufenthaltsort von Residenten geben.« Das Hologramm blieb stur.
Solarian seufzte leise. Die emotionalen Kontrollen unterdrückten seinen aufkeimenden Argwohn und seine Ungeduld und ließen ihn klar denken. »Wo befindet sich seine Residenz?«
»Valerian Lumos besitzt mehrere Residenzen. Eine in den Hohen Welten und zwei weitere außerhalb.«
»Wo befinden sich die Residenzen außerhalb?«, wollte Solarian rasch wissen.
»Eine liegt auf Tarhelion, und die zweite… Oh.« Das Hologramm hielt inne. »Ich habe gerade eine Anweisung erhalten. Ich darf Ihnen keine weiteren Auskünfte erteilen. Bitte begeben Sie sich zum Ausgang.«
»Nein«, murmelte Solarian. »Das darf nicht sein. Wo befindet sich die andere Residenz?« In die Hohen Welten konnte er nicht, aber vielleicht konnte er Valerian in seinen anderen Residenzen abfangen.
»Das darf ich Ihnen nicht sagen. Bitte geben Sie das Terminal frei.«
Das Hologramm erlosch und das Displayfeld vor ihm wurde schwarz.
Im nächsten Moment öffnete sich die Türe. Der Archivar stand vor ihr.
»Sie stellen viele Fragen«, sagte das Hologramm des Mannes. »Wer sind Sie wirklich und was wollen Sie hier?«
Solarian musste sich etwas einfallen lassen, um nicht aufzufallen. Er zögerte einige Momente; einen Teil der Auskunft, wegen der er hergekommen war, hatte er. Vielleicht war sie ausreichend. Langsam hatte er sich daran gewöhnt, seine falsche Identität zu benutzen, um den Armen der Erlauchten auszuweichen.
»Ich bin Iskandar Amgad, und Valerian ist ein alter Freund von mir«, sagte er. »Wir haben uns vor einigen Jahren auf dem Kirgu-Konzert in Grana kennengelernt, aber ich erfuhr nie seine Adresse. Es ist doch nicht verboten, Kontakt zu ihm aufzunehmen?«
Der Archivar blinzelte kurz. Dann neigte er den Kopf zur Seite. Seine menschlichen Eigenheiten hatte er nicht abgelegt. »Valerian hasst klassische Musik. Sie entspricht nicht seinem Musikprofil.«
Mist, dachte Solarian. Es war einen Versuch wert gewesen.
»Ich habe die Polizei alarmiert und bitte Sie, keinen Widerstand zu leisten«, sagte der Archivar.
Solarians Erweiterungen arbeiteten mit aller Energie, die ihnen zur Verfügung stand, um seinen mentalen Modus unter Kontrolle zu halten.